Die Stadtverwaltung wird gebeten, der Stadtverordnetenversammlung bis zur Sitzung im Monat Juni ein Verfahrensvorschlag auf Grundlage der geltenden Baurechtsvorschriften vorzustellen, mit dem zukünftig gesichert werden kann, dass in den aktuell und ggf. noch zukünftig ausgewiesenen Windfeldern im Stadtgebiet/Außenbereich von Bernau bzw. unmittelbar angrenzend (derzeitige Windfelder befinden sich bei Birkholz/Birkholzaue, Ladeburg/Lobetal und Nibelungen/Börnicke/Wilmersdorf)
- weitere (zusätzliche) Windenergieanlagen (WEA) nicht unter 1.000 Meter zur Wohnbebauung im Sinne einer Verdichtung in den Windfelder errichtet werden können und
- Repoweringmaßnahmen erst ab einem Abstand zur Wohnbebauung von mindestens 1.000 Metern zulässig sind.
Dabei soll eine rechtlich angreifbare Verhinderungsplanung nicht das Ziel sein. Vielmehr soll in den Windfeldern im Stadtgebiet/Außenbereich von Bernau der Abstand zur Wohnbebauung von mind. 1.000 Metern eingehalten werden und genau geregelt werden, an welchen Stellen welche Anlagen mit welchen Anlagenhöhen errichtet werden können.
Eine Bebauung mit zusätzlichen WEA bzw. Repoweringmaßnahmen in den Windfeldern in und um Bernau unter Beachtung der Abstandsregelung von mehr als 1.000 Metern zur Wohnbebauung soll im Rahmen der Energiewende möglich sein.
Die Fraktion Bündnis für Bernau / FDP hat zurückliegend immer wieder (so auch bereits früher mit der Initiative der „Bernauer Erklärung“/“Brandenburger Erklärung“ des Bündnisses für Bernau) deutlich gemacht, dass die Energiewende vorangetrieben werden muss.
Gleichwohl wird dem Schutzgut Mensch bei der sich vollziehenden Entwicklung zum weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien – hier der Nutzung der Windkraft – zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dies wurde in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Infrastruktur und Landesplanung des Landtages Brandenburg am 17.02.2022 im TOP 1 „Gesetz zur Regelung von Mindestabständen von Windenergieanlagen zu Wohngebäuden im Land Brandenburg (Brandenburgisches Windenergieanlagenabstandsgesetz – BbgWEAabG)“, Gesetzentwurf (LReg), Drucksache 7/4559 vom 22.11.2021 mehr als deutlich.
Im Rahmen der „Bernauer Erklärung“/„Brandenburger Erklärung“ wurde unter anderem von den unterzeichnenden 274 Brandenburger Bürgermeistern und Ortsvorstehern eine Abstandsregelung von 1.500 Metern zur Wohnbebauung gefordert.
In der benannten öffentlichen Anhörung hatte kein anwesender Vertreter der im Landtag vertretenen Parteien oder politischen Vereinigungen laut vorliegendem Protokoll in der lebhaft und kontrovers geführten Diskussion die Forderung nach einer Abstandsregelung von 1.500 Metern erhoben.
Vielmehr zeichnet sich ab, dass die aktuell in Rede stehende Abstandregelung von 1.000 Metern von WEA zur Wohnbebauung mit dem zu verabschiedenden Windenergieanlagenabstandsgesetz festgeschrieben werden soll. Dagegen formiert sich klarer Widerstand aus dem Kreis der Vertreter der Windkraftindustrie, die auch bei unter 1.000 Metern bestehenden Anlagen erneuern und repowern wollen.
In den Windfeldern Birkholz und Ladeburg galten nach dem vom OVG Berlin-Brandenburg gekippten Sachlichen Teilregionalplans „Windnutzung, Rohstoffsicherung und –gewinnung“, veröffentlicht im Amtsblatt für Brandenburg Nr. 43 vom 18. Oktober 2016, folgende Abstandsregelungen:
- Eignungsgebiet Windenergienutzung Birkholz:
Wohnnutzungen
mit mind. 800 Metern Schutzzonen
(800 m Tabu plus Einzelfallabwägung im Restriktionsbereich zwischen 800 m und 1.000 m)
reale Situation am 01.01.2022 – ermittelt über www.google.com/maps :
876 Meter – WEA Nr. 2 (Bestandsanlage) bis Robinienstr. 48 (Birkholzaue)
862 Meter – WEA Nr. 7 (in Repowering) bis Birkholzer Dorfstr. 7 (Birkholz)
- Eignungsgebiet Windenergienutzung: Ladeburg:
Wohnnutzungen
– mit 1.000 m Schutzzonen (800 m Tabu plus 200 m Restriktion) im Südwesten und Südosten
– mit 800 Metern Schutzzonen (800 m Tabu plus Einzelfallabwägung im Restriktionsbereich
zwischen 800 und 1.000 m) im Norden - reale Situation am 01.01.2022 – ermittelt über www.google.com/maps : :
- 830 Meter – WEA nördl. vom Tierheim bis An der einsamen Kiefer 33
- 817 Meter – WEA westl. vom Bunker bis An der einsamen Kiefer 21
Diese Regelungen wurden am 11.04.2016 durch die Regionale Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim beschlossen für bisher 138,5 Meter hohe Anlagen im Windfeld Birkholz und bei bis 212 Meter hohe Anlagen in den Windfeldern Ladeburg und Tempelfelde.
Bezeichnenderweise hat die Regionale Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim für den „Integrierten Regionalplan Uckermark-Barnim 2030“ Kriterien zur Windenergienutzung (noch nicht verbindlich) skizziert und diskutiert. Im Kriterienkatalog ist nunmehr als sogenanntes „Hartes Tabukriterium“ ein Abstand von lediglich 460 Metern definiert. Das bedeutet, dass im Abstand von 460 Metern zur Wohnbebauung (entspricht 2H = 2 fache Höhe der derzeit modernen WEA) definitiv keine Windenergieanlage errichtet werden darf. Für den Abstand zwischen 460 Meter und 1.000 Meter gilt ein sogen. „Weiches Tabukriterium“.
Ein „Weiches Tabukriterium“ ist jedoch im System des Rechts der Bauleitplanung keine eigenständige Kategorie. Vielmehr sind diese der Ebene der Abwägung zuzuordnen (vgl. Beschluss OVG 10 A 2.17 des OVG Berlin-Brandenburg, Seite 29).
Es kann also durchaus erwartet/befürchtet werden, dass die sogen. „Weichen Tabukriterien“ zukünftig genauso für die Bebauung mit WEA aufgeweicht werden, wie dies bereits zurückliegend in den sogen. Restriktionsbereichen nachweisbar erfolgte, unterliegen diese doch der sogen. Abwägung.
Zu verweisen ist auch darauf, dass in besagter Anhörung am 17.02.2022 die Vertreter der Windkraftindustrie für die ausgewiesenen Windfelder im Rahmen von Repoweringmaßnahmen auch die Unterschreitung der von der Landesregierung beabsichtigten 1.000-Meter-Abstands anmahnten. Schließlich stehen in einer Vielzahl von Windfeldern in Brandenburg, so auch in Bernau, ja bereits Anlagen mit einem Abstand von unter 1.000 Metern zur Wohnbebauung. Und so wird gefordert, dass das Repowering von Altanlagen in diesen Abstandsbereichen nach Ansicht der Windkraftindustrie zukünftig mit deutlich höheren Anlagen auch möglich sein soll.
Mit Befremden mussten wir in diesem Zusammenhang zur Kenntnis nehmen, dass von den Initiatoren der „Bernauer Erklärung“/„Brandenburger Erklärung“ mit den Kernforderungen
- 1.500 Meter Abstand zur Wohnbebauung und
- keine Windkraftanlagen im Wald
niemand im Rahmen der Anhörung einbezogen worden ist. Damit wurde das Votum von über 270 kommunalen Verantwortungsträgern schlichtweg „vergessen“ und ignoriert.
Deshalb ist es aus Sicht unserer Fraktion dringend erforderlich, zumindest auf kommunaler Ebene die möglichen Schritte zur Wahrung der Interessen des Schutzgutes Mensch beim erforderlichen und sinnvollen weiteren Ausbau der Nutzung der Windenergie verbindlich einzuleiten.
Die Stadtverwaltung möge ggf. einen Fachanwalt mit einbeziehen.